Der Soul der Sechzigerjahre teilte sich, wenn man die in ihren eigenen Umlaufbahnen tätigen Ray Charles, Sam Cooke und James Brown einmal weglässt, nach dem Muster von Adidas und Puma, Geha und Pelikan in zwei Fraktionen: in Motown und in die südstaatliche Spielart von Atlantic und Stax/Volt.
Letztere hatte zwar mehr Tiefe, aber nicht die polierte Eleganz von Motown. Selbst Superstars wie Percy Sledge und Otis Redding wirkten, im Vergleich zu den durchdachten Choreographien der Temptations, der damenhaften Wohlerzogenheit der Supremes und der Feinheit Marvin Gayes, täppisch wie die Landeier, die sie ja tatsächlich waren.
Sie waren das „Double Dynamite“
Das Auge aber aß auch beim Hören schon immer mit, und so nahm Stax-Chef Jim Stewart ein Duo unter Vertrag, das buchstäblich wie das „Double Dynamite“ wirkte, wie eine ihrer Platten hieß: Sam & Dave, nicht nur für den späteren Springsteen-Manager Jon Landau eine „großartige, gut geölte Maschine, die unter allen Live-Performern zurzeit besten Soul-Entertainer“. Stewart setzte seine Hausautoren Isaac Hayes und Dave Porter auf sie an, die ihnen Hit auf Hit schrieben, mancher davon ein seither nie wieder verhallter Schlachtruf: „Hold On, I’m Comin’“, „Soul Man“, „I Thank You“ oder die subtile Ballade „When Something Is Wrong With My Baby“.

Sam Moore, Baptistenpredigersohn aus Miami, gab mit seinem intensiven, für diese Art Musik idealen Tenor den Ton an, den Dave Prater (nicht mit dem Songschreiber zu verwechseln!) zwei Etagen tiefer gospelig auffing. Nirgendwo sonst lief das call and response so geschmeidig wie bei diesen beiden, die für eine kurze, heftige Zeit nicht nur auf ihren vier zwischen 1966 und 1968 herausgekommenen, hoch professionell produzierten Alben Sensation machten, sondern der hauseigenen Konkurrenz auch Beine.
Otis Redding war ganz perplex
Otis Redding, der es bis dahin hatte ruhiger angehen lassen, hatte das Pech, auf der legendären Stax-Volt-Tour 1967, die dem Soul in Europa gewaltigen Auftrieb gab, nach ihnen auftreten zu müssen, und konnte irgendwann nicht mehr: „Diese motherfucker bringen mich um! Ich singe so schnell ich kann, aber sie schaffen mich immer wieder.“ Wie stilbildend Sam & Dave mit ihrer hochenergetischen Revue waren, sah man 1980 beim „Blues Brothers“-Projekt, das ohne sie kaum denkbar wäre.
Ihrerseits hatten sie das Pech, dass sie, als das schwarze Gegenstück zu den Everly Brothers, sich bald dermaßen auf die Nerven gingen, dass sie sich unnötig früh trennten. Sam Moore, der sich einmal sogar bei Springsteen nützlich machte und dessen durchdringendes Organ auf den späten paar Soloalben nichts von seiner schneidenden Schärfe verlor, sagte: „Ich verlor den Respekt vor Dave, als er seine Frau erschossen hat.“ So war es. Dave Prater verunglückte 1988 tödlich mit dem Auto. Nun ist Samuel David „Sam“ Moore im Alter von 89 Jahren in Florida gestorben.