Leni Klum im GLAMOUR-Cover-Interview
Wer Leni Klum nur als Tochter von Topmodel Heidi Klum kennt, hat ziemlich viel verpasst. Denn die steht als Model in New York längst auf eigenen Beinen und ist so gar nicht, wie man sich ein typisches Nepo-Baby so vorstellt.

Voluminöses Satinkleid von Issey Miyake. Headpiece: Alida Modisterie.
Agata Serge
Statt privilegiert und abgehoben zeigt sich Leni in unserem Gespräch als absoluter Vollprofi – hat für jede Frage schnell eine perfekt formulierte Antwort parat und gibt einem dennoch für eine gute halbe Stunde das Gefühl, jede Menge Zeit zu haben. Ganz so, als wäre man eine gute Freundin in ihrem Wohnzimmer und nicht Journalistin in einem Zoom-Fenster auf der anderen Seite des Globus. Und: Sie ist auf die Minute pünktlich. Ein, wie sie von sich selbst sagt, “typisch deutscher” Charakterzug, den sie trotz ihrer Kindheit in L.A. übernommen hat.
Und auch am Set ist Leni Klum vor allem eins: erschlagend bodenständig. Vom kalifornischen Luxus erzählt Leni kaum was, dafür umso mehr aus ihrem extrem bodenständigen Alltag: vom Hühnersuppe-Kochen am Wochenende über das verhasste Mathe-Lernen für die Uni bis zu ihrem Lieblingsthema, ihrer Familie. Fast könnte man vergessen, dass Leni Klum schon Markenbotschafterin für Dior war, auf der Berlin Fashion Week lief – und nun das dritte Mal GLAMOUR-Cover-Star ist, fünf Jahre nachdem sie mit 16 Jahren das erste Mal solo für GLAMOUR vor der Kamera stand. Seitdem ist sie nicht nur daheim ausgezogen und führt eine stabile Langzeit-Beziehung, sondern studiert auch noch Innenarchitektur. Im Cover-Interview erzählt sie, was sie in den letzten Jahren über Beziehungen gelernt hat, was es mit ihrem Partnertattoo mit Tom und Bill Kaulitz auf sich hat – und was sie als einziges Mädchen in einem Football-Team fürs Leben mitnehmen konnte.
Kleid mit voluminösem Rock von Rotate.
Agata Serge
GLAMOUR: “Modeln liegt dir im Blut”, könnte man sagen. Aber war es für dich immer klar, dass du diesen Weg mal einschlagen würdest? Oder hattest du als Kind einen ganz anderen Traum?
Nicht wirklich. Im Gegenteil, ich habe meine Mama schon als Kind geradezu angefleht, sie auf ihren Terminen begleiten zu dürfen. Mich hat am Set einfach alles fasziniert: das Haar-Styling, das Make-up – und wie viel Spaß meine Mutter beim Shooting hat. Ich wusste gleich, dass ich das auch wollte. Manchmal bin ich sogar vor die Kamera gehüpft, wenn keiner aufgepasst hat, oder hab’ die Stylistinnen gebeten, mich zu schminken, wenn sie mit ihrer offiziellen Arbeit fertig waren. Mit 13 wollte ich dann endlich loslegen, selbst zu modeln, aber meine Mutter hat mich gebremst. Ich sei zu jung. Heute würde ich sagen: Sie hatte recht!
Du musstest mit den Aufträgen warten, bis du 16 warst. Wie hat diese Entscheidung deine Erfahrungen in der Branche beeinflusst?
Ohne den Rat meiner Mutter wäre ich ein wenig naiv an die Sache herangegangen und hätte noch nicht so ein Verständnis dafür gehabt, was zum Modeln alles dazugehört. Es ist eben nicht nur vor die Kamera hüpfen und hübsch aussehen, sondern es passieren ganz viele Dinge behind the scenes, die man dem Endprodukt gar nicht mehr ansieht. Zum Modeln gehört viel Disziplin. Mir ist heute zum Beispiel superwichtig, immer überpünktlich zu erscheinen – typisch deutsch (lacht).
Apropos pünktlich sein: Du bist mittlerweile nicht nur Model, sondern studierst auch Innenarchitektur an der NYU. Ein nicht ganz typischer Lebenslauf.
Für mich gehen das Modeln und die Innenarchitektur Hand in Hand. Innenarchitektur ist quasi Mode für das Zuhause, also die perfekte Ergänzung zu meinen Interessen. Und ich liebe es. Zum Glück kann ich das meiste online machen, so kann ich Shootings und Seminare gut vereinbaren.
Was ist dir an deinen eigenen Räumen wichtig? Dein Kleidungsstil ist ja sehr minimalistisch – ist das in deinem Zuhause auch so?
Am wichtigsten sind mir eigentlich in allen Räumen die Fenster – ich liebe natürliches Licht und richte mich dementsprechend bei der Einrichtung nach hellen, natürlichen Tönen. Und ich bin besessen von Küchen. Ich habe ein ganzes Pinterest-Board für sie. Nach meinem Bett ist es der Ort, an dem ich das meiste meiner Zeit verbringe, und ich versuche, so viel wie möglich selbst zu kochen.
Transparentes Kleid und Bustier, beides von Cecilie Bahnsen. Ohrring: privat.
Agata Serge
Transparentes Kleid und Bustier, beides von Cecilie Bahnsen. Ohrring: privat.
Agata Serge
Was ist dein Go-to-Comfort-Meal nach einem anstrengenden Tag?
Definitiv Hühnersuppe! Ich mache sie einmal die Woche und habe immer Leftovers im Kühlschrank. Das ist ein Ritual, das ich von zu Hause übernommen habe und das mir ein Gefühl des Ankommens gibt. Kochen ist so viel mehr als nur Nahrungsaufnahme! Es weckt Erinnerungen und verbindet uns mit Menschen, die uns wichtig sind.
Apropos Kindheitserinnerung – ich war total überrascht, dass du als Kind in einem Fußballclub warst! Hast du daran auch gute Erinnerungen? Und gibt es Dinge, die du aus der Zeit für dein jetziges Leben gelernt hast?
Ja, das stimmt. Ich habe Fußball gespielt und später auch Football – als einziges Mädchen in der Mannschaft. Das hat mir schon beigebracht, mich zu behaupten. Aber vorrangig war Sport für mich immer eine schöne Gelegenheit, Zeit mit meiner Family zu verbringen. Meine Mama und mein Papa kamen immer zu all meinen Trainings und Spielen, und manchmal bin ich auch in kleinen Turnieren gegen meine Geschwister angetreten. Also ja, der Wettbewerb hat mich sicher stark gemacht und auf die Konkurrenz im Model-Betrieb vorbereitet – aber am meisten gelernt habe ich aus dieser gemeinsamen Zeit und der Beständigkeit, die mir meine Eltern vorgelebt haben.
In einem Wettbewerb gibt es ja immer Gewinner und Verlierer. Erfolg sieht aber für jeden anders aus. Wie definierst du ihn für dich?
Für mich ist Erfolg Zufriedenheit! Solange du glücklich bist und das, was du tust, dich erfüllt, dann weißt du, dass du es wirklich geschafft hast.
Du lebst auf jeden Fall in einer Stadt, in der viele auf Erfolg hoffen. New York ist ja als Stadt der Träume bekannt. Wie war der Umzug aus L.A. für dich – hattest du einen typischen Kulturschock? L.A. und New York sind ja fast genauso gegensätzlich wie München und Berlin.
Das stimmt. Es ist sehr anders hier in New York, viel unruhiger, viel hektischer – aber auch so inspirierend. Manchmal komme ich auf der Straße gar nicht raus aus dem Staunen, über die verschiedenen Charaktere und unterschiedlichen Styles, die man hier sehen kann. Ich habe das Gefühl, hier geben sich alle richtig Mühe mit der Mode. In L.A. macht man ja nicht so viel zu Fuß, sondern mit dem Auto, deswegen lohnt sich ein aufwendiger Streetstyle-Look weniger. Hier in New York wohne ich ja auch in der Nähe der Design-Hochschule, das heißt, ich bin dauernd von wirklich gut angezogenen Leuten umgeben, wenn ich nur kurz das Haus verlasse. Meine Joggingpants und Hoodies im typischen L.A.-Style liebe ich aber immer noch. Denn so schön das Spielen mit Mode ist, in seiner Kleidung muss man sich schließlich vor allem wohlfühlen. Es sollte da nicht so viele Regeln geben.
Kleid und Shorts in Lackoptik, beides von Loewe.
Agata Serge
Veraltete Mode-Regeln zu brechen ist ja auch eine Lieblingsbeschäftigung der Gen Z. Siehst du dich als Teil dieser Generation?
Ich glaube nicht, dass unsere Generation unbedingt definiert, wer wir sind. Was wichtiger ist, sind unsere persönlichen Werte, nach denen wir handeln – und die können für jemand anders aus der Gen Z ganz anders aussehen als für mich. Generell bringt einen so ein Schubladendenken eher selten weiter, denke ich. Was mir aber sehr wichtig ist, was vielleicht typisch Gen Z ist, ist Selfcare.
Wie sieht denn deine Selfcare aus, damit es dir zwischen Modeln, Uni-Life und dem Leben in New York nicht zu viel wird?
Meine Sonntage sind mir heilig. Die halte ich mir immer frei, und dann gönne ich mir eine “everything shower”, liege auf der Couch rum, binge eine Serie und setze meine Hühnersuppe auf. Ein klassischer Reset-Tag. Unter der Woche setze ich aber genauso viel auf Routine – ich mache jeden Morgen sofort mein Bett und meine Skincare, trinke meinen ersten Kaffee zu Hause und starte den Tag meist mit Uni-Hausaufgaben – lesen, schreiben. Das tut mir total gut. Selbst wenn die Hausaufgaben mal Mathe sind (lacht).
Stabilität ist dir in jedem Lebensbereich wichtig. Mit deinem Freund bist du schon seit über fünf Jahren zusammen. Was hast du in dieser Zeit über Beziehungen gelernt – und gibt es auch hier ein Ritual, das dir wichtig ist?
Oh, ich habe eine Menge gelernt. Schließlich haben wir uns kennengelernt, als wir beide erst 15 waren – und jetzt sind wir Anfang 20. Das ist eine besondere Zeit, in der man viel über sich lernt und sich viel verändert. Diesen Weg zusammen zu gehen, war extrem schön. Wir haben schon viele verschiedene Versionen des anderen erleben können und unterstützen uns immer dabei, weiterzuwachsen. Ohne zu versuchen, den anderen zu ändern.
Eine Beziehung ist immer ein Balance-Akt, unterschiedliche Versionen von sich selbst zu akzeptieren, aber dann auch gemeinsam zu versuchen, eine bessere Version von sich zu werden. Wir hatten auf jeden Fall unsere Höhen und Tiefen über diese Zeit und haben auch eine Zeit lang eine Long-Distance-Beziehung geführt, was immer eine Herausforderung ist. Heute leben wir zusammen – da ist die Herausforderung eher, die Zeit miteinander nicht für gegeben zu betrachten. Für uns ist deshalb eine Date Night pro Woche ein absolutes Muss.
Hast du einen Tipp für Menschen, deren Beziehung im Alltagstrott festhängt?
Macht was! Ob das Dinner Nights sind, ein Filmabend oder einfach ein neues Rezept auszuprobieren. Oder mal etwas ganz anderes – ein gemeinsamer Töpfer-Kurs. Egal, was. Hauptsache, man schafft es, die Zeit miteinander aktiv zu gestalten.
Die andere große Beziehung in deinem Leben ist die zu deiner Mutter, mit der du auch als Gast-Jurorin für die 20. Staffel “Germany’s Next Topmodel” wieder im Fernsehen zu sehen sein wirst. Was war dein Highlight während des Drehs?
Endlich alle Teilnehmer:innen kennenzulernen, war so cool. Ich hatte ja einen Teil der Staffel vorab gesehen und fieberte schon mit allen mit, bis ich selbst ans Set kam. Ich war dann richtig starstruck (lacht). Und wieder mit meiner Mutter zu arbeiten, war toll. Auch wenn es in erster Linie Arbeit ist, wir haben immer so viel Spaß zusammen – und dann hat uns auch noch meine Oma am Set besucht.
Wo wir schon bei den Kollaborationen mit deiner Mutter sind: Du bekommst ja nicht immer nur positive Reaktionen auf eure Zusammenarbeit. Und gerade für eure Unterwäsche-Kampagnen erntet ihr immer wieder sexistische und misogyne Kommentare. Wie gehst du damit um?
Ich versuche, mich immer daran zu erinnern, dass es, egal, was man tut, immer jemanden geben wird, dem das nicht passt. Man hat darauf einfach keinen Einfluss und darf sich nicht zu stark auf das Negative konzentrieren. Gerade wenn man viel auf Social Media ist, kann das ja leicht mal passieren. Aber es gibt so viel mehr positive Reaktionen. Oh, und: Die meisten Kommentare sind auf Deutsch, und viele verstehe ich gar nicht richtig. Das hilft natürlich auch (lacht).
Du verstehst zwar nicht alle deutschen Kommentare – aber in Deutschland bist du trotz allem gern.
Sehr! Ich reise generell viel und gern für die Arbeit, aber nach Deutschland zu kommen, ist immer ganz besonders für mich, weil ich dann meine Großmutter sehen kann. Ich schreibe ihr immer, in welcher Stadt ich sein werde, und wenn sie es irgendwie einrichten kann, kommt sie mich besuchen.
Die Familie scheint in jeder deiner Geschichten eine Hauptrolle zu spielen. Und du trägst deine Familie auch in deinem zweiten Vornamen und deinem einzigen Tattoo mit dir.
Ja das stimmt. Mein zweiter Vorname Olumi ist eine Abkürzung vom Namen meines Vaters, der mit vollem Namen Seal Henry Olusegun Olumide Adeola Samuel heißt. Und mein einziges Tattoo ist ein Partnertattoo, das ich mit Tom und Bill in Mamas und Toms Hochzeitsnacht gemacht habe. Einer der Gäste hatte eine Tattoomaschine mitgebracht, und Tom, Bill und ich haben uns die Punkte gegenseitig tätowiert. Aber ich muss gestehen: Bei Bills letztem Punkt wackelte das Boot, und es ist eher eine Linie geworden. Das war so eine Art “Die drei Musketiere”-Moment für uns. Meine Familie ist wie ein Anker für mein Leben.
Voluminöses Satinkleid von Issey Miyake. Headpiece: Alida Modisterie.
Agata Serge
Head of Editorial Content and Styling: Theresa Pichler
Photographer: Agata Serge
Acting Global Creative Director: Amelia Trevette
European Design Director: Eilidh Williamson
Casting Director: Dominik Wimmer
Hair Stylist: Takuya Yamaguchi at The Wall Group, using Oribe
Makeup Artist: Olivia Barad at See Management, using Dior
Nail Artist: Nori Yamanaka at See Management, using Chanel Le Vernis
Assistant Fashion Editor: Tascha Berkowitz
Set Designer: Selena Liu
Set Assistant: Colin Favre
Photo Assistant/Gaffer: Gabriel Montagnani
Head of Video: Moritz Mebesius
Director: Katharina Baron
DP: Kevin Dynia
Camera Operator: Mar Alfonso
Gaffer: David Djaco
Sound: Sean Paulsen
PA: Ashley Vidal
Producer: Jean Jarvis at Area 1202 Productions
Production Coordinator: Nika Bregvadze

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