„Die Tasse Kaffee“: Wie ein Helene-Fischer-Song zum Tiktok-Meme wurde

Die Schlagerstars Helene Fischer und Florian Silbereisen performen ihren Hit "Schau mal herein" im ZDF.

 

Die Schlagerstars Helene Fischer und Florian Silbereisen performen ihren Hit “Schau mal herein” im ZDF.

Quelle: Rolf Vennenbernd/dpa

Ausgerechnet ein Song von Helene Fischer und Florian Silbereisen wird zum Viral-Hit auf der jungen Plattform Tiktok. Für die Generation Z ist das Lied eine Art Boomer-Hymne – und andere sind nur noch genervt. Die Geschichte eines Memes.

Es gibt da diese Geschichte über eine Frau namens Sibylle. Sie trägt eine freche Kurzhaarfrisur, fährt Fiat 500, hält ihr Smartphone in einer Klapphülle mit Glitzersteinchen und verbringt ihre Freizeit am allerliebsten im Tchibo-Shop, in Facebook-Gruppen oder beim Candy-Crush-Spielen. Vor allem aber hat sie einen ganz besonderen Musikgeschmack: Ihr Lieblingshit ist das Werk „Schau mal herein“ von Helene Fischer und Florian Silbereisen.

Die gerade beschriebene Charakteristik findet sich immer wieder auf der Plattform Tiktok: Hier haben sich Geschichten über die fiktive Endfünfzigerin „Sibylle“ (wahlweise wird sie auch Silke oder Sabine genannt) seit Anfang des Jahres zu einem Selbstläufer entwickelt.

In tausenden Kurzvideos persifliert die Generation Z das angebliche Lebensgefühl der deutschen „Boomer-Generation“ und überzeichnet dieses mit allen erdenklichen Klischees. Und: Jedes einzelne Video wird mit dem Silbereisen-Fischer-Duett unterlegt.

Ein Tag im Leben von Sibylle

Der Schauspieler und Tiktoker Helge Mark Lodder etwa präsentiert in einem Sketch das Leben von Silke, deren Tag natürlich mit einer Tasse Kaffee tanzend in der Küche beginnt, ehe sie ihre Kurzhaarfrisur richtet und mit ihrem „kleinen Flitzer“ zu Tchibo fährt, um sich dort „den neuesten Schnickschnack“ zu kaufen.

Manche basteln Bilder-Slideshows, die mit „Sibylle-Starterpack“ überschrieben werden. Dazu gehören neben dem Fiat 500 und der Handyklapphülle vor allem auch eine Kaffeetasse mit frechem Mottospruch, Tupperware und ein kleiner Malteser-Hund.

Ein anderer Trend: Nutzerinnen und Nutzer posten Videos, wie sie mit Wolldecke und einer Tasse Kaffee durchs Wohnzimmer tanzen und alles ganz furchtbar „muckelig“ finden.

Doch wie kam es zu dem Meme? Und warum wurde ausgerechnet der neue Fischer-Song zur ironischen Boomer-Hymne der Generation Z?

Netflix-Serie holt Siebziger-Hit aus der Versenkung

Die Geschichte reicht zurück bis in den September 2022. Da buddeln die Produzenten der Netflix-Produktion „Dahmer“ das längst vergessene Lied „Stumblin’ In“ von Chris Norman und Suzi Quatro aus dem Jahr 1978 aus. In Episode drei der Serie ist das Stück zu hören.

Ein Jahr später, im Oktober 2023, veröffentlicht der australische DJ und Produzent Cyril Riley einen Remix des Songs auf der Plattform Tiktok.

Die Neufassung des Siebzigerjahre-Hits mit seichtem Schunkel-House-Beat erfreut sich schnell wachsender Beliebtheit – allerdings nicht etwa bei „Boomern“, sondern bei der Generation Tiktok. „Wann gibt’s das Lied auf Spotify?“, fragen Hunderte begeistert in den Kommentarspalten. Gesagt, getan: Das Stück wird schließlich im November 2023 auf den Streamingplattformen veröffentlicht.

„Stumblin’ In“ wird zum Radio-Hit

Im Sommer des folgenden Jahres mausert sich das Stück zu einem der ganz großen Sommerhits 2024 – und das vor allem in Deutschland. In Bars und Clubs läuft der Song ebenso häufig wie auf Scheunenfesten und im Radio. Gerade letzteres allerdings bringt mit der Zeit manch einen auf die Palme.

Auf Tiktok, wo der Hype um das Stück überhaupt erst begann, posten Nutzerinnen und Nutzer mit der Zeit immer wieder Memes, wie sie im Auto oder in der Küche das Radio anschalten und dort schon wieder dasselbe Lied läuft: „Stumblin’ In“ von Cyril.

Auch auf der Plattform Youtube ist die Stimmungslage zum Song zu beobachten: Unter dem offiziellen Musikvideo, das 41 Millionen Mal abgerufen wurde und weltweit ausgespielt wird, finden sich Hunderte Wortmeldungen vor allem aus Deutschland. Der Tenor: Der Song wurde völlig überreizt, und man kann ihm nicht mehr entfliehen.

Irgendwann nervt’s nur noch

„Das Lied läuft einfach jeden Tag, jede Stunde im Radio“, kommentiert eine Nutzerin. „Wenn dieser Banger das 618.382. Mal am Tag im Radio kommt“, beschwert sich ein anderer. Und einer schreibt: „Immer wenn ich mal für einen Moment glücklich bin, mache ich mal zufällig das Radio an und höre dieses gottverdammte Lied.“

Andere werden expliziter: „Mein Nachbar ist aus dem Fenster gesprungen, nachdem er den Scheiß zum 642. Mal im Radio gehört hat.“ Ein weiterer kommentiert: „Dieser verdammte Song wird mich noch im Altersheim an meine Ausbildung erinnern und mir Flashbacks wie zu einem Krieg geben.“ Und: „Dieses Lied sollte als Foltermethode klassifiziert werden.“

Ein englischsprachiger Kommentator stellt fest: „Ich finde es toll, dass 80 Prozent der Kommentare von Deutschen stammen, die sich darüber aufregen, dass dieses Lied so oft gespielt wird.“

Die inoffizielle „Boomer“-Hymne

Die Beschwerden gehen so weit, dass selbst DJ Cyril davon Wind bekommt. In einem Interview mit dem deutschen Radiosender Planet Radio entschuldigt sich der Australier im Dezember sogar: „Sorry an alle Deutschen, dass sie den Song 50 Mal am Tag hören müssen. Danke an alle Radiosender, die es spielen. Aber es tut mir leid, insbesondere für alle Bauarbeiter.“

Zu diesem Zeitpunkt allerdings ist das Meme um den Nerv-Song schon lange nicht mehr einzufangen. Und insbesondere auf Tiktok macht sich mit der Zeit noch eine andere Erzählung breit: Hauptverantwortlich für das nervtötende Stück Musik ist nach Ansicht vieler junger Menschen vor allem die ältere Generation, die offensichtlich nicht genug davon bekommen kann.

In einem Video zeigt eine Tiktok-Nutzerin die Spotify-Wrapped-Statistik ihrer Mutter. Demnach hat sie das Cyril-Stück im Jahr 2024 1.423 Mal abgespielt.

Und dann kommt das Fischer-Cover

Und dann kommt der zweite Weihnachtsfeiertag – und der zweifelhafte Hype um den Song bekommt noch mal eine ganz neue Dynamik. Helene Fischer und Florian Silbereisen singen in der „Helene Fischer Show“ im ZDF ausgerechnet eine Cover-Version des totgespielten Sommerhits. Offiziell veröffentlicht wird sie nur fünf Tage später. Statt „Our love is alive” schmettern Fischer und Silbereisen: „Die Tasse Kaffee und auch das Glas Wein trink’ ich noch immer gerne mit dir, schau mal herein.“

Die deutsche Version ist selbst eine Coverversion – wenige Monate nach der Erstveröffentlichung von „Stumblin’ In“ hatten Bernd Clüver und Marion Maerz das Stück 1978 neu interpretiert. Nun besingt das ehemalige Liebespaar Fischer und Silbereisen mit dem Stück seine offenbar immer noch enge Freundschaft.

Die Generation Z auf Tiktok allerdings ist spätestens ab diesem Zeitpunkt auf dem Baum. Der Tiktoker Lukas_712 regt sich in einem Video auf: „Warum musstet ihr unbedingt diese Melodie, diesen Song benutzen? Ich war echt froh, dass ich dieses Lied nicht mehr 24 Stunden im Radio gehört habe. Dieses Lied verfolgt mich noch bis ins Grab.“

Silbereisen nimmt’s gelassen

Andere wiederum machen einfach das Beste aus der Situation: Sie spinnen die Erzählung vom nervtötenden Boomer-Song einfach weiter. „Darauf trinken Gaby und Sabine erstmal ein Aperölchen!“, schreibt jemand unter das offizielle Youtube-Video des Songs. „Ich höre dieses Lied schon auf irgendeiner Firmenfeier, während im Hintergrund die Handyhüllen zuklappen“, schreibt ein anderer. Und ein weiterer urteilt: „Blutgruppe: Thermomix“.

Mittlerweile wurde das Meme derart überdreht, dass sogar eine inoffizielle Hardstyle-Version des Fischer-Songs existiert. Zum Refrain „Die Tasse Kaffee“ dröhnen und schrillen die Kickdrums. Nutzerinnen und Nutzer auf Tiktok unterlegen die Musik mit Szenen aus Videospielen, in denen ein Fiat 500 in voller Geschwindigkeit über eine Rennpiste rast. Über dem Video steht: „Tchibo schließt um 18 Uhr.“

Fischer und Silbereisen können offenbar darüber lachen. Silbereisen sagte der „Bild“ zum Überraschungserfolg seines Hits: „Ich habe mich wahnsinnig gefreut, dass so ein versöhnlicher Text so vielen gefällt – gerade in einer Zeit, in der wir öfter mal eine ‚Tasse Kaffee‘ zusammen trinken sollten, statt zu polarisieren!“

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